Geschichte
Wenn man sich auf die Suche nach dem geschichtlichen Beginn der Herstellung von Rum macht, wird man feststellen, dass dieser nicht eindeutig belegt ist. Vermutlich wurde der Grundstein für die Rumproduktion im 17. Jahrhundert in der Karibik gelegt. Damals begann man dort mit der Zuckerproduktion aus Zuckerrohr. Dabei entsteht als Nebenprodukt Melasse, ein Zuckersirup, der unter bestimmten Bedingungen anfängt zu gären und die Grundlage für die Herstellung eines alkoholhaltigen Getränkes bildet. Die Arbeiter, vor allem Sklaven, entdeckten dies wahrscheinlich während ihrer täglichen Arbeit. Vielleicht weil in ihrer Heimat unter ähnlichen Bedingungen ein alkoholhaltiges Getränk aus Yucca und Mais gewonnen wurde. Sie nutzten den vom Rum hervorgerufenen Rausch um sich ihr menschenunwürdiges Leben als Sklaven erträglicher zu machen.
Gleichzeitig kursierte unter der britischen Marine das Gerücht, dass die Freibeuter und die Piraten zur Steigerung der Kampfmoral Rum an ihre Besatzung ausschenkten. Um dieser gesteigerten Kampfkraft entgegentreten zu können, beschloss man 1655 in Großbritannien täglich eine Ration Rum an die britische Schiffsbesatzung auszuschenken. Die tägliche Ration eines über 70%igen Rums sorgte allerdings schnell für Trunkenheit unter den Matrosen und damit einhergehend auch für Disziplinlosigkeit. Dieser Wirkung wollte der Admiral Edward Vernon 1740 entgegenwirken und veranlasste die Streckung des Rums mit Wasser, Limettensaft und Zucker. Das erste Rum-Mixgetränk, auch heute noch bekannt als Grog, war geboren. Die Bekanntheit in der Marine sowie die geringen Produktionskosten durch den Sklaveneinsatz sorgten für eine schnelle Steigerung des Rumkonsums weltweit. Jedoch war er durch seinen hohen Alkoholgehalt und seiner Schärfe eher bei den einfachen Leuten als bei der Oberschicht beliebt.
Doch wie ist der heutige Rum entstanden, der sich einer immer größer werdenden Fangemeinde erfreut? Um dies zu verstehen, muss man wissen, dass die Inseln in der Karibik von drei Kolonialmächten beherrscht wurden und jede Kolonialmacht den Rum auf ihre eigene Art und Weise beeinflusst hat. Dementsprechend werden die unterschiedlichen Stile nach der jeweiligen Kolonialmacht benannt.
Rumklassifizierung
Ähnlich wie bei Whisky gibt es für Rum die unterschiedlichsten Möglichkeiten der Unterscheidung. Die häufigste Unterscheidung, die man sowohl in Büchern als auch im Internet findet, ist die nach den Kolonialmächten. Eine weitere beliebte Möglichkeit ist die Gargano Klassifizierung, bei der Rumsorten nach dem Destillationsverfahren und der verwendeten Rohstoffe eingeordnet werden.
Der französische Stil:
Die Entstehung des Rums im französischen Stil, weltweit auch unter Rhum Agricole bekannt, wurde wesentlich durch zwei geschichtliche Ereignisse beeinflusst. 1801 züchtete Franz Carl Achard die erste Zuckerrübe und erschuf so eine kostengünstige Alternative zur Produktion von Zucker, doch warum teuer selber produzieren, wenn der Import aus den Kolonien soviel günstiger ist? Erst als Napoleon 1806 die Kontinentalsperre verhing und durch die Einfuhrbeschränkung von Zucker für einen drastischen Anstieg des Zuckerpreises sorgte, fingen die Menschen in Europa an die Zuckerrübe anzubauen und den Zucker aus der Zuckerrübe zu gewinnen.
Aufgrund der zurückgegangenen Nachfrage von Zucker aus Frankreich, ging auch die Produktion von Zucker und dementsprechend die Produktion des Nebenproduktes Melasse in den französischen Kolonien zurück.Dadurch mussten die Destillieren gezwungenermaßen Alternativen finden, um weiterhin Rum produzieren zu können. Sie verwendeten anstatt der Melasse direkt den Saft vom Zuckerrohr und erreichten dadurch eine sehr fruchtige Note sowie eine ausgeprägte Zuckerrohraromatik im Rum.
Rum im spanischen Stil:
Rumsorten, welche eine gewisse Leichtigkeit, Süße oder Süffigkeit mitbringen, werden auch spanischer oder kubanischer Rum genannt. Sie werden hauptsächlich in den sogenannten Column Stills hergestellt. Da den jungen Versionen aufgrund ihres Alters (maximal bis zu 7 Jahre) im Vergleich zu den anderen Rumsorten die Komplexität fehlt, sind sie oft die Grundlage für Longdrinks oder Cocktails .
Die Komplexität, die Rumkenner schätzen, erreichen die älteren Rumsorten ab einem Alter von 8 Jahren indem sie je nach Geschmackswunsch in den verschiedensten Holzfassarten gelagert werden. Hierbei kommt in den meisten Fällen das sogenannte Solera Verfahren zum Einsatz um über die Jahre und Jahrzehnte hinweg einen gleichbleibenden Geschmack zu erzeugen.
Entwickelt wurde das Solera Verfahren ursprünglich in Spanien für die Lagerung von Sherry oder Brandy. Hierbei werden die Fässer pyramidenartig übereinandergestapelt. Für die Abfüllung wird von der untersten Fassreihe (daher auch der Name Solera = am Boden liegend) ca ein Drittel verwendet, da in dieser der älteste Rum gelagert wird. Anschließend wird die unterste Reihe mit Rum aus der Reihe darüber aufgefüllt und diese mit der dadrüber und so weiter bis die oberste Reihe erreicht wurde. Sobald die oberste Reihe komplett leer ist wird si emit neuem Rum aufgefüllt. Rumsorten nach dem Solera Verfahren sind also Blended Rums, da sie immer eine Mischung aus unterschiedlich stark gereiften Rums sind.
Der britische Stil:
Der britische Stil zeichnet sich insbesondere durch hocharomatische und würzige Rumsorten aus.
Die Produktion dieser hocharomatischen Rumsorten findet vorwiegend in Jamaika statt. Aus diesem Grund wird der britische Stil auch gerne als der jamaikanische Stil bezeichnet. Rum aus Jamaika unterscheidet sich chemisch gesehen von anderem Rum durch seinen hohen Anteil an Estermolekülen (abgesehen von Grande Arome“ aus Martinique) .Die jamaikanischen Destillateure erreichen den hohen Anteil an Estermolekülen durch die Zugabe von esterproduzierenden Bakterien und Wildhefekulturen zur Melasse. Beim Genuss erinnert einen der Rum vom Geschmack oder Geruch dann oft an eine Frucht. Diese Assoziation kommt daher zustande, weil auch viele Früchte wie z.B. Ananas, Banane oder Orange von Natur aus einen äußerst hohen Anteil an Estermolekülen besitzen.
Eine schöne kompakte Übersicht über die drei Stile hat Spiridom hierfür veröffentlicht.
GARGANO-Klassifizierung
Eine andere Möglichkeit der Einordnung von Rum-Sorten ist die Gargano Klassifizierung.
Gian Luca Gargano von Habitation Velier hat 2015 in Zusammenarbeit mit Richard Seale von der Foursquare Distillery versucht eine Klassifizierung anhand des Destillationsverfahrens sowie des verwendeten Rohstoffs als Grundlage vorzunehmen. Diese sieht wie folgt aus:
Herstellung in einer Destillerie
- Pure Single Agricole Rhum:
Ein aus Zuckerrohrsaft hergestellter Rum aus einer Destillerie im Pot Still Verfahren. - Pure Single Rum:
Der Pure Single Rum wird im Pot Still Verfahren aus dem Zuckerrohrsirup oder der Zuckerrohrmelasse hergestellt. - Single Blended Rum:
Blend von Rumsorten, die nach dem Pot Still und dem traditionellen Column Still Verfahren destilliert wurden - Traditional Rum:
Aus Sirup oder Melasse hergestellter Rum - Agricole Rhum:
Im traditionellen oder im Multi Column-Still destillierter Rum aus Zuckerrohrsaft - Rum:
Klassischer Sirup oder Melasse Rum aus den Multi Column Stills
Herstellung in mehreren Destillerien
- Vatted Rum:
Rum aus Melasse aus den Multi Column Stills - Blended Rum:
Blend von Rumsorten, die nach dem Pot Still und dem traditionellen Column Still Verfahren destilliert wurden
Meines Erachtens sollte die Klassifizierung nach Gargano jedoch nur als erstes Indiz verstanden werden. Sie schafft zwar eine höhere Transparenz wie der Rum in der Flasche entstanden ist, jedoch ist man schnell geneigt den Fehler zu machen davon auszugehen, dass zum Beispiel ein Pure Single Rum eine höhere Qualität besitzt als ein Single Blended Rum.
Für meine Tastings setze ich persönlich auf keine der beiden Klassifizierungen sondern immer auf die Beratung meines Spirituosenhändlers vor Ort und lasse mir von ihm interessante Rumabfüllungen empfehlen.